Mobilität zur Maxime erhebt der Motorradclub ohne Titel – kurz: „MC o.T.“ Der Club als soziales Phänomen wird mittels Labeling und inszeniertem Auftreten seiner Mitglieder Andreas Bär, Hartmut Bubenzer, Sebastian Fleiter, Chris Göbel, Rolf Nikel, Stef Stagel Thomas Ruppel und Elin Doka im Gruppenverband einem gezielten Gestaltungsprozeß unterworfen, der ihn ganz im Sinne einer sozialen Plastik zum Kunstwerk werden läßt – eines das allerdings in permanentem Umbruch und Ausbau begriffen ist. Hervorgegangen aus dem gemeinsamen Interesse am Motorradfahren hat der - im Prinzip erweiterungsfähige – Zusammenschluß der fünf Künstler durch zahlreiche Unternehmungen seit 1997 beständig an Kontur gewonnen und sich zugleich ausdifferenziert.
Die gemeinsam erlebte Geschichte wird im Sinne einer Chronik auch bei künftigen Unterfangen sedimentär (in Form von Videos, Erzählungen etc.) mitgeführt. Gebündelt werden diese Ergebnisse immer wieder in Raumsituationen, die als „Temporäre Clubheime“ firmieren.
Doch neben dem übergeordneten und von allen getragenem Kunstwerkcharakters der Institution „Club“ stellt der MC o.T. zugleich auch den Rahmen bereit, innerhalb dem jede Menge künstlerische Produkte entstehen, für die die einzelnen Clubmitglieder als autonome Persönlichkeiten die jeweilige Autorschaft beanspruchen.
Diese Hervorbringungen in Form von Filmen, Performances, Objekten, Installationen, Sounds und Predigten („Die Invarianz des Zündfunkenprinzips“), kreisen allesamt um das Phänomen Motorrad, das manchmal sogar ganz wie ein traditionelles Künstler-Werkzeug – z.B. ein Pinsel – direkt (und gewissermaßen malenderweise) eingesetzt wird, beispielsweise indem mit Burnouts Reifenspuren auf dem Galerieboden erzeugt oder indem mittels Ruptures (Fehlzündungen) mit dem Auspuff Partikel auf Leinwände geschleudert werden. Oder auch indem im Verlauf eines Crossrennens ein Brachgrundstück in der Stuttgarter Innenstadt komplett umgepflügt wird – was eine so einfache, wie elegante bildhauerische Bearbeitung des städtischen Raums darstellt.
In ihrer Gesamtheit befragt die Arbeit des MC o.T. einen Mythos der Moderne. Denn in einem Zeitalter zunehmender Mobilität besetzt der Motorradfahrer - in seiner Selbstilisierung wie auch in der gesellschaftlichen Zuschreibung - als „Easy Rider“ die Rolle des Outlaws, Repräsentant des Unzivilisierten in einer überzivilisierten Welt, Barbar und Nomade zugleich – was natürlich nur eine Projektion ist, aber eine wirksame.
Diese Selbstilisierung wird mit Dresscodes, Habitusformen sowie speziellen gruppendynamischen Prozessen vorangetrieben.
Um das Phänomen zu untersuchen nähern sich die Mitglieder des MC o.T. in einer gegenläufigen Bewegung permanent dem Mythos an und erarbeiten zugleich Distanzierungen – letztere sind schon allein durch die permanente Rückkoppelung an den Kunstbetrieb gegeben.
Auch der Titel-Zusatz „ohne Titel“ erweist sich als ein solcher Kunstbezug (Motorradfahrer ohne Kunstkenntnis werden damit eher die technische Bezeichnung „oberer Totpunkt“ assoziieren). Und zugleich ist der Name ironischer Kommentar, daß sich die Mitglieder des MC o.T. ihres antagonistischen Vorgehens durchaus bewußt sind, dessen Zielsetzung an sich schon dialektisch ist: der Vereinbarung des Unvereinbaren.
(Text: M. Schamp)
MC o.T. das temporäre clubheim Kassel |
MC o.T. das temporäre clubheim
Württembergischer Kunstverein
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MC o.T. das temporäre clubheim
Kunstakademie Nürtingen
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Berlin: pilotprojekt gropiusstadt
Im Rahmen des Stipendiums pilotprojekt gropiusstadt belagerte der MC o.T. eine Woche den 15 Stock eines Hochhauses in Gropiusstadt
MC o.T. das temporäre clubheim
MC o.T. das temporäre clubheim
Museum Bochum
Im Rahmen von "und es bewegt sich doch..."
Vorfahrt
In der Garage der Birkenwaldstr. 30, Stuttgart
Eigene Motorrad Biographie
1985 Erstes Motorrad, ein gebrauchtes MZ-Gespann
ETZ 250 (Neckermann), acht Jahre täglich im Einsatz.
1991 “VOGELSANG” Es entstehen großformatige Bilder mit dem
Motorrad (Eitempera auf Papier,Erde,Ruß) im ehemaligen
Straßenbahndepot Vogelsang, sowie der Film “VOGELSANG” (Motorradmalaktion).
1992-93 Auslandsstipendium in Sibirien. Während dieser Zeit Kauf
eines Dnepr und eines Ural Gespannes in Russland.
Rückfahrt Dnepr Moskau-Stuttgart Dezember 92.
Rückfahrt Ural Moskau-Stuttgart Juni 93.
1993 “HALLE 10” Halleninstallation in der Reinhardskaserne Ludwigsburg, Bearbeitung einer 640 m² Papierfläche mit dem Motorrad (Gummiabriebtechnik).
Eröffnungsperformance mit Motorrad und der Sängerin Cornelia Stäb.
1994 Videoarbeit “Idyllische Straße”
1999 Member des MC o.T.
2002 Kauf einer CX 500 (Güllepumpe).
MC o.T. temporäres clubheim, Silmingen.
2003 MC o.T. temporäres clubheim Stuttgarter Kunstverein, „Clubhütte“ Installation,
„Motto Cross“ Konzept
“Azilien” Mas d’ Azil (Frankreich), Dia-Serie Hauptdarstellereinn CX 500
2004 MC o.T. temporäres clubheim, Kunststiftung Baden Württemberg.
MC o.T. temporäres clubheim, galerie display, Prag
2005 MC o.T. temporäres clubheim, „teeroom“, Stuttgart
2006 Kauf einer Yahmaha XS 250 für 70€
MC o.T. temporäres clubheim, VORFAHRT, Birkenwaldstraße Stuttgart
MC o.T. temporäres clubheim, „und es bewegt sich doch“ Museum Bochum
2007 MC o.T. temporäres clubheim, „10 Jahre MC 0.T. Kunsttempel Kassel, „paint by drive“ Malaktion, „reperaturarie“ Konzept
MC o.T. temporäres clubheim, Kunststiftung Baden- Württemberg
MC o.T. temporäres clubheim, Lange Kunstnacht Schwäbisch Hall